Ein ruhiger Tag auf einer ruhigen Reise: Wir haben in der Nacht die Barentssee verlassen und als ersten Hafen nach dem Frühstück Hammerfest auf dem Programm – auf Havøysund um 7:45 verzichte ich. Dafür gibt es gegen 9:00 Uhr einen wunderschönen Sonnenaufgang zu sehen. Der Tag verspricht ähnlich schön zu werden (die Wetter-Apps übrigens auch). Die See ist ruhig, damit dürften wir auf dieser Fahrt von den Herbststürmen verschont bleiben. Was jetzt noch an offenen Seestrecken kommt, ist ohnehin bei Nacht.
Vor Hammerfest kommt immer Malkøya, die Flüssiggasanlage, zu der Magnus etwas auf Deck 9 erzählt. Ich lasse mich bei der parallel stattfindenden Reiseleitersprechstunde blicken und komme daher zu spät um zu sehen, ob es diesmal auch wieder den leckeren Energiekaffee gibt. Dafür komme ich in Hammerfest rechtzeitig von Bord, um Moni für mein Standard-Foto auf der Bank beim Musikpavillon zu requirieren. Vorher geht es am Hafen entlang zur Gamle Mårøy (einer alten Fähre aus der Mitte des 20. Jahrhunderts) und dann zum Marktplatz. Der ist gerade ebenfalls eine Baustelle: Er wird neu gestaltet und erhält bei der Gelegenheit gleich eine Fußbodenheizung. Offensichtlich wird mit Wasser statt mit Strom geheizt, wäre das auch geklärt. Zu den Eisbären vor dem Rathaus kommt man zwar, aber freien Blick auf sie hat man nicht. Schade.
Anschließend geht es kurz auf den Berg, der Zickzack-Weg ist diesmal frei – viel Schnee war auf dieser Reise noch nicht zu sehen. So weit wir auch im Norden sind: Es ist Herbst, und der Golfstrom funktioniert. Also bietet sich vom Berg aus ein schöner Blick auf den Hafen samt der Insel (oder Stein, je nachdem, wen man fragt) Håya. Am Aussichtspunkt steht auch ein Fernglas, das ich bislang immer ignoriert hatte. Aber obwohl in Norwegen nichts umsonst ist, kostet das tatsächlich kein Geld, und ich kann mir erstmals Struves Meridiansäule anschauen. Sie markiert einen der Messpunkte, mit denen sich Norwegen ab 1845 an einem internationalen Projekt zur Vermessung der Form der Erde beteiligte. Für einen normalen Besuch ist sie recht abseits (außer, man leiht ein Fahrrad), aber so ist doch ein Blick darauf möglich – und mit dem Handy auch ein Foto.
Nach dem Hausberg bleibt genug Zeit für einen kleinen Stadtrundgang an Grabkapelle und Kirche vorbei sowie einen Abstecher in den Eisbärenclub. Zurück auf dem Schiff steht nach dem Mittagessen Monis zweiter Vortrag an: Die Planeten des Sonnensystems um 14:00 Uhr. Da um 15:00 im Rahmen der Kulturreise der nächste Vortrag ansteht (Magnus erzählt über From Fish to Oil), gibt es eine fixe Deadline. Ich bin mit Vortrag übermorgen dran, wobei wir schon morgen unsere Abschlussveranstaltung machen müssen – freie Vortragsräume sind gerade Mangelware.
Durch den etwas früheren Vortragstermin bleibt immerhin ausreichend Zeit, um das Einlaufen in Øksfjord anzuschauen. Mit Ørnes gehört er zu den idyllischsten Häfen, wunderschön eingebettet zwischen hohe, bereits teils schneebedeckte Berge. Chic.
Bis zum Sonnenuntergang bleibt nicht viel zu tun: Es verspricht eine schöne, klare und klirrend kalte Nacht zu werden. Muss nur noch das Polarlicht mitspielen – die Strecke von Skjervøy nach Tromsø ist ja ideal: windgeschützt und mitten im Polarlichtoval. Das dummerweise sehr dezent ist. Adi ist ja der Meinung, Skjervøy geht immer, ich sage das selbe über Tromsø. Aber heute?
In Skjervøy ist keinerlei Grün am Himmel zu sehen, trotzdem baue ich meine Kamera am Bug auf. Vielleicht klappt es ja, und kurz nach Ablegen taucht das erste zarte Licht an steuerbord auf. Viel mehr wird es auf der Fahrt aber auch nicht.
Nach einer Dreiviertelstunde wechsle ich ans Heck, um wenigstens etwas Aktivität einzufangen, aber die Ausbeute ist mager. Tromsø scheint wieder mal kaputt zu sein.
Und dann, als wir schon kurz vor Tromsø sind und das Ufer von Häusern erleuchtet ist, gibt es doch eine nette Aktivität. Wenn’s keiner mehr brauchen kann…
Daher lasse ich die Kamera bis in den Hafen durchlaufen, bevor ich sie abbaue. Während die meisten sich zum Konzert in der Eismeerkathedrale aufmachen, baue ich die Kamera wieder auf: Über besagter Kathedrale (und dem Schiff) gibt die Aurora sich doch noch Mühe und zeigt eine nette Show, die sich sogar gegen die Lichter der Stadt durchsetzen kann.
Tromsø funktioniert also doch noch. Aber bis ich die Bilder verarbeitet habe, wird es morgen Abend werden – eine 128-Gig-Karte ist in den vier Stunden voll geworden.
Mal sehen, was der morgige Abend noch bietet, wenn wir Svolvær verlassen.
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Update: Das erste Video vom Polarlicht über der Eismeerkathedrale ist fertig gerendert:
Gestern Nacht mussten wir lange warten, bis es kurz vor Tromsø endlich doch #Polarlicht gab. Die Show im Hafen über der Eismeerkathedrale: pic.twitter.com/uVUCahOrzm
— Alexander Kerste (@AlexKerste) 24. Oktober 2017
Die Struve-Säule gehört zu der kleinen Hammerfest-Rundfahrt von Hurtigruten inzwischen fest dazu: Impressionen bei drei ganz verschiedenen Wetterbedingungen in https://skyweek.wordpress.com/2012/03/21/besuch-bei-der-struve-saule-in-hammerfest und https://skyweek.wordpress.com/2013/02/09/die-struve-saule-schimmert-im-sonnenschein und zuletzt https://diary4dan.wordpress.com/2017/01/30/hammerfest-im-graupelsturm
Wow, welch eine Lichtershow über Tromsö – wunderschön. Die Struve-Säule habe ich schon auf meinen Plan für die eventuell nächste Hurtigrutenreise gesetzt. Von ihr hatte ich bisher noch nie etwas gehört.
LG
Inge