Heute überqueren wir schon den Polarkreis – wie üblich am sehr frühen Morgen, und so wie ich den Kapitän einschätze, eher noch vor 7 Uhr als gegen acht. Damit dürfte die Kugel noch im Dunkeln liegen, und ich schenke mir das frühe Aufstehen. Die Begegnung mit der südgehenden MS Nordkapp um 8:15 verpasse ich auch knapp, immerhin kann ich ihr noch aus dem Fenster zuwinken. Schade – es wäre mittlerweile doch hell genug gewesen, um noch ein paar schöne Bildchen von meinem alten Lieblingsschiffchen zu knipsen.
Stattdessen geht es halt anschließend kurz auf Deck, um die Landschaft zu genießen. Der nächste Hafen ist Ørnes um 9:15, das in einem wunderschönen Fjord liegt. Im Winter ist es eine perfekte Postkartenidylle, jetzt mit den Herbstfarben des Oktobers wirkt es ganz anders, aber ebenfalls fast kitschig.
Dazu kommen Nebel und Wolken, die der Region etwas mystisches verleihen, je näher wir dem Hafen kommen.
Von 10 bis 12 Uhr ist heute Reiseleiter-Sprechstunde angesetzt, und ich bin zum Kamera-Erklären auch meist da. Das wird zum Glück auch rege genutzt. Von der Polarkreistaufe auf Deck 9 bekomme ich daher nur wenig mit, aber ich kenne das Spektakel ja schon. Neptun ist diesmal wohl Magnus – ich kenne ihn vom Expeditionsteam der Nordlys, er dürfte in Rørvik zugestiegen sein.
Anschließen steht schon wieder Mittagessen an, da wir kurz vor 12:30 Bodø erreichen. Mittlerweile habe ich in der Stadt auch ein paar nette Ecken gefunden, und wir haben einen neuen Liegeplatz: Direkt am Bahnhof, sodass es nur ein paar Meter bis zum Stadtzentrum sind. Hier wird kräftig gebaut: Rathaus und Kirche sind eingerüstet. Dafür schaue ich mal beim Fotohuset Johnson vorbei, direkt neben der Kirche. Wenn ich hier schon alle hinschicke, die noch Kamera-Equipment brauchen…
Die Norweger sind ja Weltmeister im Renovieren, und dementsprechend viele Baustellen gibt es auch in Bodø. In den nächsten Jahren soll außerdem der Flughafen versetzt werden und ein neues Viertel entstehen. Dafür, dass hier vor 200 Jahren nur ein paar Häuschen standen, hat sich viel getan. Das Nordlandmuseum gibt einen interessanten Überblick über die Stadtgeschichte.
Ich begnüge mich mit einem kurzen Rundgang, bevor es wieder zum Schiff geht – gerade rechtzeitig, denn das Wetter wechselt wieder einmal, und ein Schauer erwischt mich kurz vor der Trollfjord.
Da die Astronomy Voyages von Hurtigruten UK ebenfalls an Bord sind, ist der Vortragsraum heute Nachmittag belegt. Für mich bedeutet das eine Premiere: Ich sehe einmal den Leuchtturm von Landegode, der malerisch auf einer Insel vor einem Bergmassiv liegt. Hat auch was. Anschließend geht es zu einer überraschend ruhigen Überfahrt über den Vestfjord. Das Wetter ist gut genug, um die Lofotwand zu sehen: Aus der Entfernung wirken die steilen Inseln wie ein Gebirge.
Kai nutzt die Überfahrt für eine kleine Kunstführung. Wie alle Schiffe, die noch nicht auf das arktische Design umgebaut wurden, hat auch die Trollfjord ihre eigene Innenausstattung, darunter auch die Bilder aus dem Salon eines älteren Hurtigrutenschiffs. So manches Kunstwerk erschließt sich dem Betrachter erst nach einer Erklärung, aber Kai ist der richtige dafür. Auf der Nordkapp konnte ich das auch, bevor die Kunstwerke durch moderne Fotos ersetzt wurden…
In Stamsund verlassen uns die Teilnehmer des Wikingerfests wieder, aber wir bleiben zum Glück an Bord: Pünktlich zum Nachtisch kommt während des Abendessens die Durchsage, dass es Polarlicht gibt. In der Tat erwartet uns an Deck eine gute Show. Ein schöner Bogen zieht sich über Stamsund zusammen, und Farbe ist auch zu erkennen. Damit ist das Pflichtprogramm eigentlich erledigt, und die Liegezeit in Svolvær wird genutzt, um die Bilder auf den Laptop zu laden. Gibt mal wieder ein nettes Filmchen, das ich am nächsten Morgen auch zeigen kann. Hier schon einmal die Twitter-Version:
Gestern Abend mit der @HurtigrutenDE Trollfjord zwischen #Stamsund & #Svolvær sehr schönes #Polarlicht gehabt. #Hurtigrute #Aurora pic.twitter.com/IALznnGV6C
— Alexander Kerste (@AlexKerste) 20. Oktober 2017
Noch ein paar weitere Impressionen:
Schöne Show, bis wir der Finnmarken begegnen und kurz darauf in Svolvær einlaufen. Wie üblich legen wir direkt neben der Magic Ice Galerie an, aber diesmal steige ich nicht aus – Bilder kopieren und Platz auf der Speicherkarte ist wichtiger.
Und nach Svolvær? Das Wetter ist okay (im Hafen stand ich im Regen und konnte auf der anderen Hafenseite Polarlicht sehen) und die genaue Polarlichtaktivität wie immer unvorhersagbar. Also wohl dem, der an Deck bleibt und ausharrt, während in der Bar ein Konzert gegeben wird (parallel läuft auch noch ein Kulturprogramm mit Konzerten an Land und an Bord), anstatt erst zum Trollfjord wieder ins Freie zu gehen. Nach einem ordentlichen Polarlicht gibt es die ganz große Show, das Polarlicht tanzt, und über uns ist eine schöne Korona, die sich sogar fotografieren lässt. Mittlerweile kann ich mit Belichtungszeiten unter einer Sekunde arbeiten – wenn ich daran denke, zu fotografieren. Viel besser geht kaum. Dass mir mein Stativ umfällt und bei der kleinen Panasonic der Objektivdeckel zersplittert, kann ich bei dem Ausgleich am Himmel verschmerzen.
Dann lässt die Aktivität nach, und wir erreichen den Trollfjord. Für mich eine Premiere: Wir fahren auf der nordgehenden Route in den Trollfjord, und oben gibt es noch einen Nachschlag an Polarlicht. Was für eine Show! Ian Ridpath (der englische Lektor) und ich sind uns einig: Eigentlich können wir jetzt in Rente gehen, das ist schwer zu toppen. Gegen Mitternacht lässt das Feuerwerk dann nach, und es ist Zeit für das Bett – morgen früh um 9 müssen wir den nächsten Vortrag halten.
Hier noch der Zeitraffer, der am Tag 6 dann endlich fertig gerendert war – wieder in der Twitter-Version. Die eigentliche Show war bereits am 19. Oktober.
Thursdays great #Aurora, going with MS Trollfjord from Svolvær into Trollfjord – Das tolle #Polarlicht vom Do, mit Fahrt in den Trollfjord pic.twitter.com/zv46R05990
— Alexander Kerste (@AlexKerste) 21. Oktober 2017