Eigentlich hatte ich nicht vor, mir Havøysund anzuschauen, aber wir erreichen den Hafen immerhin mit einer Dreiviertelstunde Verspätung gegen 8:30 und bleiben ein wenig länger als die geplante Viertelstunde. Das passt sogar zu meinem Tagesrhythmus. Ein paar Fotos sind schnell gemacht, sodass genug Zeit für das Frühstück bleibt. Immerhin: Wie angekündigt bessert sich das Wetter, und die für den Abend angekündigte Wolkenlücke vor Tromsø scheint Bestand zu haben. Nur die Polarlichtaktivität ist mau…
Auch wenn wir Hammerfest mit Verspätung erreichen, gibt es pünktlich um 10 Uhr den berühmten Energiekaffee, auf den ich dankend verzichte. Anlass ist wie immer die Passage an der Flüssiggasanlage auf der “Milchinsel” Melkøya kurz vor Hammerfest. Mit Energie haben die Norweger ja schon öfter experimentiert, Hammerfest hat schon seit Ende des 19. Jahrhunderts elektrische Straßenbeleuchtung, unter anderem aus einem Gezeitenkraftwerk. Wenn ich mir das Tempo anschaue, dass die Finnmarken vorlegt, sollten die den Energiekaffee aber vielleicht besser in den Tank schütten.
Bei der aktuellen Verspätung dürfte uns einiges an Zeit in Hammerfest fehlen, was schade ist – auch wenn die Reiseinfo einer englischen Gruppe, die mit uns an Bord ist, Hammerfest für überflüssig hält. Deren Reiseleiter meint in seiner Info, dass er keine Tipps für die Stadt geben kann: Es gibt den Eisbärenklub voller ausgestopfter Polarbären, ein Wiederaufbaumuseum, in dem er noch nicht war, und die Grabkapelle, die die Deutschen aus irgendeinem Grund vergessen hatten, auch noch niederzubrennen. Das Beste wäre noch der Ausblick vom Zickzackweg.
Der Mann hat doch keine Ahnung.
Die markante Kirche von Hammerfest ist auch von innen sehenswert, ebenso wie wie das Museum des Eisbärenclubs, für das leider immer zu wenig Zeit bleibt. Dabei lohnt es sich, die Schautafeln durchzulesen und nicht nur an den Ausstellungsstücken vorbeizulaufen. Die Grabkapelle ist leider meist verschlossen, liegt aber auf dem Weg, wenn man einen Rundgang durch die Stadt macht. Und das Wiederaufbaumuseum ist absolut eindrucksvoll, und Buchhandlungen gibt’s natürlich auch. Daher bin ich durchaus froh, als wir Hammerfest kurz nach 11:15 erreichen und immerhin bis 13 Uhr Zeit haben.
Für die, die seit Bergen an Bord sind, werden ausnahmsweise auch kurze Brückenführungen angeboten, während das Schiff im Hafen liegt. Ich gehe lieber von Bord und schaue mir Hammerfest an.
Im Hafen liegt links am Kai immer noch die Gamle Mårøy – ein Oldtimer, der auch gut auf der Hurtigrute hätte fahren können und den selben Aufbau hat wie die alten Postschiffe. Da noch kein Schnee liegt, geht es vom Hafen aus dann schnurstracks den Zickzack-Weg hoch. Die Eisbären vor dem Rathaus werden diesmal ignoriert, aber für einen kurzen Halt an “meiner Bank” am Musikpavillon muss Zeit sein. Das Erinnerungsfoto ist ohne Schnee natürlich langweilig; im Februar schließt die Sitzfläche oft bündig mit der Schneedecke ab.
Der Zickzackweg ist dank Wasser und Matsch etwas rutschig, aber gut begehbar, und belohnt einen mit einem schönen Ausblick über Hammerfest. Die Bepflanzung in den Blumenkübeln oben auf dem Berg ist dafür etwas ungewöhnlich und erinnert an Salat…
Den Rundgang an Grabkapelle und Kirche vorbei beschleunigen wir etwas, da noch ein Besuch im Eisbärenclub ansteht. Es müssen wieder neue Mitglieder geworben werden. Neben Eisbären erwartet einen hier auch eine ganze Armada von Huskies. Niedlich:-)
Kurz nach 13 Uhr und somit nur mit einer Viertelstunde Verspätung verlassen wir dann Hammerfest pünktlich zum Mittagessen und passieren Håja, einen großen Felsen, der gelegentlich – und ohne Belege, aber es klingt gut – regional als größter Findling beworben wird. So wie es aussieht, ist es aber doch nur eine ganz normale Insel. Übrigens lohnt sich eine Fahrt mit Ekkehard immer, so viel über Geologie habe ich selten gelernt. Leute, redet mit euren Reiseleitern!
Um 15 Uhr gab es dann schon den nächsten Programmpunkt: Moltebeeren-Verköstigung im Panoramasalon. Die kleinen gelben Beeren sind okay, und man kann jede Menge Produkte draus machen, die es alle im Shop zu kaufen gibt.
Øksfjord erreichen wir gegen 16 Uhr und verlassen es 20 Minuten später, mittlerweile sind wir also wieder bei einer halben Stunde Verspätung. Immer wieder gibt es aber die beruhigenden Mitteilungen, dass das Mitternachtskonzert in Tromsø eine Exklusiv-Veranstaltung für Hurtigruten ist und auf jeden Fall stattfindet. Es gibt noch Plätze, und das Konzert lohnt sich wirklich.
Nach Øksfjord geht es auf die offene Seestrecke der Loppa, die recht ruhig ist – zum Glück, denn der Himmel ist klar genug, und schon in der Abenddämmerung um 17 Uhr gibt es das erste Polarlicht am Horizont. Das gibt eine lange Nacht…
Zu Beginn ist es ein ruhiger Bogen, der über dem Horizont schimmert und sich während der Überfahrt in mehrere Bänder auflöst. Damit ist das Abendessen gestorben, wir beobachten das Schauspiel teils vom Bug und teils vom Heck bis Skjervøy. Als wir den Hafen fast pünktlich erreichen und die Lichter angehen, ziehen sich einige zurück und verpassen die ganz große Show: Ein riesiger Ausbruch tanzt kurz aber heftig am Himmel, genau als wir den Hafen erreichen. Selbst im Hafen ist es noch beeindruckend. Die Gegend geht eigentlich immer, sogar noch besser als Tromsø.
Über den Rest des Abends gibt es eigentlich nicht viel zu berichten außer: Polarlicht satt. Von Skjervøy bis zur Ankunft in Tromsø kurz vor 23:45 bleiben wir an Deck, und langsam geht mir der Speicherplatz aus. In Skjervøy habe ich schon angefangen, Platz auf den SD-Karten zu schaffen; 2×128 GB sind einfach zu wenig für stundenlange Zeitraffer im RAW-Format. Mit der Verarbeitung der Bilder ist mein Computer noch den ganzen nächsten Tag beschäftigt. Was für eine ausdauernde Show.
Auf der ruhigen See zwischen Skjervøy und Tromsø sind die Bedingungen für die Beobachtung eigentlich optimal, und es lohnt sich, die ganze Zeit über an Deck zu bleiben.
In Tromsø kann das Ereignis dann gefeiert werden – entweder mit einem Besuch des Mitternachtskonzerts oder mit einem Besuch in der Kneipe. Montagnachts ist recht wenig los in den Kneipen, aber für ein gemütliches Guiness langt es. Und ich muss zugeben: Wenn es im Lauf der Nacht noch weitres Polarlicht gab, war mir das dann erst einmal egal – pünktlich zur Abfahrt sind wir wieder an Bord, dann wird der Rechner für die Bildbearbeitung angeworfen und darf die Nacht über arbeiten, während ich Feierabend mache.