Was für eine Show das gestern war! Und fette Ausbeute: Bei über 3000 Fotos alleine von meiner Nikon für den Zeitraffer ist mein Rechner bis in den Vormittag beschäftigt. Aber das Säuseln des Laptoplüfters in meiner Kabine hat was beruhigendes.
Zum Glück habe ich dieses Mal wieder keine Ausflüge geplant, wobei ohnehin gerade nicht allzuviel stattfidnet – das Mitternachtskonzert in Tromsø fehlt zum Beispiel aktuell auf der Liste, und die Torghatten-Wanderung gibt es gerade auch nicht. Heute startet dafür wieder die Vesterålen-Bustour in Harstad. Eigentlich ein schöner Ausflug, aber er beginnt bereits um 8 Uhr. Den Fehler hatte ich einmal gemacht (in Kombination mit dem Mitternachtskonzert – aber schlafen kann man ja auch im Bus…). Ohne Ausflug bin ich zwar in Harstad schon wach, sehe vom Ort aber nur die Baustelle am Anleger und was mein Teleobjektiv so ranholen kann: Die Kirche im Ort und die mittelalterliche Steinkirche neben der Wasserfontaine – hier sehe ich auch, wie die Fontaine abgeschaltet wird, während ich sie filmen will.
Wegen Corona gibt es den Gottesdienst in der Kirche für die Ausflügler nicht mehr, dafür wurde das benachbarte Museum etwas aufgepeppt, und es gab viele Informationen – die Tour lohnt sich also immer noch und bietet weiterhin eines der besten Preis-Leistungs-Verhältnisse. Für mich steht stattdessen Frühstück an, danach Bilder sichten und den Zeitraffer basteln, den ich im gestrigen Blog schon eingebaut habe. Damit sind die zwei Stunden bis Risøyhamn gut ausgefüllt.
Auf dem Weg zur Risøyrinne gibt es immer wieder schöne Lichtspiele, während die Berge der Vesterålen an uns vorbei ziehen. Schöne Gegend, und noch hält das Wetter.
Die Risøyrinne wurde extra für die Hurtigrutenschiffe gebaut, weil der Gründer der Hurtigrute diese Strecke wollte. Sie ist nur wenig tiefer als die Hurtigrutenschiffe. Theoretisch kann man wohl auf ihren Grund sehen – aber gewiss nicht bei Wellen und Starkwind. Aber man sieht zumindest das türkisfarbene flache Wasser direkt neben den Fahrbahnmarkierungen, die von zahlreichen Kormoranen besiedelt sind.
So ein Projekt wie eine neue Schiffahrtsstraße lockt natürlich auch die Prominenz an, und vom Schiff aus sieht man den Königsstein, auf dem die Unterschriften dreier norwegischer Könige verewigt sind. Heute schenke ich mir den Spurt zum Stein und fotografiere ihn vom Schiff aus – heute lohnt sich das Teleobjektiv mal, ansonsten langt mir das normale Zoom und vor allem das Ultraweitwinkel-Polarlichtobjektiv.
Wenn wir pünktlich anlegen, reicht die Zeit aber auch für einen kurzen Besuch – diesmal soll man erst zehn Minuten vor Ablegen wieder an Bord sein, manche Schiffe machen schon 15 Minuten vorher die Luken dicht.
Von Risøyhamn aus geht die Reise weiter nach Sortland. Sehr schön: Kurz vor 12 kommt die Aufforderung, vorne am Bug den Ausflugsbussen zu winken! Ganz so wie früher! Das ist zwar während der Essenszeit (und wegen Corona gibt es mittags feste Essenszeiten und ein Menü, das serviert wird), aber es finden sich doch einige ein, um mit Norwegerfähnchen zu winken. Das sind die netten kleinen Einlagen, die die Hurtigrute immer noch so menschlich machen. It’s fun!
Anschließend schaue ich kurz bei Kari vom Expedition-Team vorbei und gebe ihr meinen Nordlicht-Film von letzter Nacht. Das mache ich meistens – als kleines Dankeschön für die gute Zusammenarbeit, auch wenn ich diesmal wenig mit dem Team zu tun hatte. Aber auch heute schaffe ich es nicht, zum Treffen mit dem Expeditions-Team zu gehen: Das ist einerseits schade, weil hier immer ein Tagesrückblick gegeben wird, ebenso wie ein Blick auf den nächsten Tag und einige Infos rund um Norwegen. Andererseits kenne ich das meiste schon, und es tut gut, keine Termine zu haben.
Der kurze Halt in Sortland ist nicht weiter erwähnenswert – noch einmal den Rückkehrern der Bustour zuwinken, dann ab in den Panoramasalon. Hier gibt es einige freie Plätze, sodass ich für mich und meinen Laptop einen Platz mit Ausblick finde, auch wenn der Ausblick immer schlechter wird.
Wir kommen wohl in ein Schlechtwettergebiet. Für die nächsten Tage ist Regen angesagt (und nicht wenig), und die Seeadler-Safari im Raftsund wird wegen Sturmwarnung abgesagt: Kleine Boote sollen heute nicht rausfahren. Schade: Dabei wird aus dem fahrenden Schiff in ein kleines Boot umgestiegen, das Raftsund und Trollfjord unabhängig von der großen Nordkapp erkundet.
In Stokmarknes hält das Wetter noch, zumindest regnet es nicht: Der Ort taucht langsam aus dem Nebel auf. Seit meiner letzten Reise hat das Hurtigrutenmuseum den Schutzbau für die alte MS Finnmarken fertiggestellt, die zuvor ungeschützt den Elementen ausgeliefert war. So sieht man heute den weißen Bau mit Glasfront direkt am Anlieger. Das Museum wird privat betrieben und ist einen Besuch wert – wann kann man heute noch eines der klassischen schwarz-weißen Hurtigruten-Postschiffe erkennen? Diese Schiffe waren die Vorgänger unserer modernen Schiffe wie der Nordkapp. Leider wurde der Preis kräftig erhöht – ich höre über die Lautsprecheranlage was von 250 NOK; ich meine, früher waren es für Hurtigrutenpassagiere 50 NOK statt 90 NOK für Nicht-Passagiere (ganz früher war der Eintritt für Passagiere sogar frei). Aber früher konnte man die Eintrittskarten auch schon an Bord kaufen, aktuell nur im Museum.
Durch die große Glasfront sieht man leider nicht mehr viel vom Schiff, aber es scheint zumindest einen neuen Anstrich erhalten zu haben.
Mit Stokmarknes verlassen wir die Vesterålen: Der Raftsund markiert die Grenze zwischen Vesterålen und Lofoten. nun wird das Wetter auch schlechter. Ich merke es kaum, aber während ich mir die Einfahrt in den Raftsund vom Bug aus anschaue, wird meine Kamera triefnass. Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung… und tatsächlich hat der herbstlich gefärbte Raftsund durch Nebel und tiefhängende Wolken seinen ganz besonderen Reiz. Nur ob wir in den Trollfjord fahren, ist bis zuletzt unklar – das entscheidet der Käpt’n vor Ort.
Nachdem ich meine Kamera wieder trockengelegt habe, schaue ich mir den größten Teil des Raftsunds vom Panoramasalon an. Erst zum Trollfjord geht’s wieder raus – und das lohnt sich: Obwohl ich anfangs nur Nebel sehe, biegt das Schiff tatsächlich nach links in den Trollfjord ab und fährt rein. Es ist angenehm still, und der Nebel passt zu dem engen Fjord. Hat was – und so oft war ich hier auch noch nicht: Irgendwann demnächst wird er wegen Schnee- und Lawinengefahr gesperrt werden, sodass die Nordlicht-und-Sterne-Touren meist nur bis zur Mündung kommen, selbst bei Tag.
Nach dem Trollfjord geht es wieder in den trockenen Panoramasalon. Die mystisch-neblige Landschaft, die am Fenster vorbeizieht, hat etwas einschläferndes – aber viel Schlaf gibt es auf der Hurtigrute ohnehin nicht. Dafür gibt es genug zu Essen: Um 17:30 eröffnet das Buffet, damit genug Zeit für Svolvær bleibt. Eigentlich wollten wir dort wieder in die Kneipe gehen, aber es ist Starkregen angesagt, und dieses Versprechen wird eingehalten.
Also betrete ich Svolvær auf dieser Tour überhaupt nicht. Wenn es Schnee wäre, wäre es eine Überlegung wert, aber so? Nein Danke.
Der Rest vom Abend ist daher für mich ruhig. Das Expeditionsteam ruft um 21 Uhr zu Gesangsstunde mit Shanties im Konferenzraum auf, die ich schwänze, dafür tue ich mir die Begegnung mit der nordgehenden Nordnorge an. Im strömenden Regen gibt es aber keine Fotochance, auch weil die Nordnorge überraschend dunkel bleibt, von der Lichthupe einmal abgesehen. Bleibt genug Zeit für mein kleines Blog hier.
Ich bin froh, dass mich der Pferdeausritt bei Nacht durch die dunklen Lofoten nie gereizt hat; bei diesem Regen dürfte das keinen Spaß machen. Aber ich bin auch kein Reiter; Astronomen lieben sternklaren Himmel. Dauerregen ist nicht mein Ding.
Als letzter Hafen vor dem Westfjord bleibt noch Stamsund. Bei strömendem Regen begnüge ich mich mit einem Beweisfoto; Nordlicht sehen wir heute gewiss keines mehr. In diesem Sinne: Feierabend.