Tag 6: Rund ums Nordkap

In der MAgerøya-Straße

In der Magerøya-Straße

Tag 6 (der 15.1.) ist ein Wendepunkt der Reise: Wir fahren südlich an der Insel Magerøya vorbei, auf der das Nordkap als nördlichster Punkt Europas liegt. Wobei das Nordkap erst einmal auf einer Insel und nicht auf dem Festland liegt, und der nördlichste Punkt der Insel auch noch das Kap westlich des offiziellen Nordkaps ist. Wie auch immer, die Insel hat ihren rauen Charme, und es wird einem ganz warm ums Herz, wenn Honningsvåg in Sicht kommt. Die Stadt liegt noch nördlicher als Hammerfest, das traditionell den Titel nördlichste Stadt der Welt trägt.

Für die, die die Anfahrt vom Bug aus beobachten, ist ein warmes Herz auch dringend nötig, schließlich sind die Temperaturen frostig… Im Hafen ziehen nicht nur die schneebedeckten Häuser die Blicke auf sich, sondern auch die weiter entfernten Silos, in denen Fisch zu Protein verarbeitet wird, und die rostigen Schiffe, mit denen Krabben gefischt werden. Die Juros Vilkas aus Litauen ist ein vertrauter Anblick.

Der interessanteste Ausflug ist natürlich das Nordkap – vier Busse warten auf Gäste, und wie wir im Nachhinein erfahren, hat der Ausflug sich auch gelohnt: Das Wetter war gut. Für uns steht das Alternativprogramm auf dem Plan: Nordkap kennen wir schon, also geht es nach Honningsvåg. Wir treffen einen unserer Gäste, und gemeinsam geht es nach dem Brunch in den Ort. Tag 6 ist immer der anspruchsvollste, durch den Nordkapbesuch verschieben sich die Essenszeiten, und zwischen 7 und 13 Uhr gibt es eine ganze halbe Stunde lang nichts zu essen (außer im Cafe). Da muss man schon auf seine Kalorienbilanz achten.

Unberührt: Der Weg zum Aussichtspunkt

Unberührt: Der Weg zum Aussichtspunkt

Uns zieht es wieder zu dem Aussichtspunkt am Friedhof über der Stadt, wo eine Büste an einen norwegischen Regisseur erinnert. Ekkehard war der Meinung, dass die Tour kein Problem sei – der Weg über den Berg führt in den nächsten Ortsteil und wäre bestimmt gespurt. Sagen wir so: Nachdem wir da waren, gab es eine Spur im Tiefschnee… Von da oben gibt es einen schönen Überblick über den Ort, auch wenn das Stapfen durch den Schnee in die Beine geht. Zur Abwechslung gibt es aber auch glatte Partien. Das verschneite Honningsvåg wird von drohenden Schlechtwetterwolken eingerahmt, sodass wir bald den Rückzug antreten. Unsere Sorgen um die Nordkap-Busse sind unbegründet (dort herrscht bestes Wetter), aber wir kommen im ersten Schnee im Ort an. Nach einem Abstecher zur Kirche mit dem Weltkriegsdenkmal gehen wir zum Scandic-Hotel, um von der anderen Hafenseite einen Blick auf die Finnmarken zu werfen, die im Schneegestöber sogar zu erahnen ist. Kein gutes Wetter, um die Kunstwerke am Hafenbecken zu besuchen, also gehen wir recht zügig zum Schiff zurück. Rechts am Hafenbecken ist wieder das Musem mit der „Trash Art“: Aus angeschwemmten Badeschlappen und Gummistiefeln entstand hier Kunst. Das Nordkapmuseum am Hafen hinter dem Denkmal für den Seemannshund Bamse ist noch bis Sommer geschlossen, vielleicht kann ich es in der nächsten Saison besuchen.

Da das Mittagessen schon um 13 Uhr endet, bietet das Schiff zur Überbrückung Apfelkuchen und heiße Schokolade an, nachdem die Ausflügler wieder an Bord sind und wir etwa um Viertel vor drei abgelegt haben. Eine halbe Stunde später zeigt die Finnmarken diesmal einen Film über die Geschichte der Sami.

Finnkirka

Finnkirka mit Mond und Beleuchtung

Vor Kjøllefjord erwartet uns wieder die Finnkirka – irgendwie hat meine große Kamera Probleme mit dem Autofokus, aber der Halbmond zwischen Wolken über der Felsformation hat etwas mystisches. Die Finnkirka ist ein alter samischer Opferplatz; die kitschige Beleuchtung mit bunten LEDs ist eigentlich eine Unverschämtheit. Auffällig ist sie aber ohnehin nur in Dezember und Januar, wenn es richtig dunkel ist. Angeblich hat der Kapitän eine Fernbedienung, um die Beleuchtung anzuschalten. Vom Bug aus erspähen wir die Beleuchtung recht bald, und die Kameras klicken. Im Wasser liegt auch schon das Boot des Krabbenfischers, der gleich darauf in voller Fahrt an der Finnmarken anlegt, seinen Kollege absetzt und nach einer Ehrenrunde mit Höchstgeschwindigkeit nach Kjøllefjord rauscht.

Krabbenpräsentation

Krabbenpräsentation

Bis wir in dem hübschen Örtchen anlegen, präsentiert er wieder das Ungeziefer der Meere: Die Königskrabben, die aus Russland kommen und in dieser Gegend praktisch keine natürlichen Feinde haben. Es gibt wieder die Möglichkeit, sich mit den Tieren fotografieren zu lassen und so mit seinem Essen zu spielen…

Als wir in Kjøllefjord anlegen, kommt schon die Durchsage, dass die Hafengäste bitte das Schiff verlassen sollen. Anscheinend haben wir etwas Verspätung, aber die Schneescooter-Fahrer verlassen trotzdem das Schiff, um später in Mehamn wieder zuzusteigen. Wer will, kann also einmal über Land bis zum nächsten Hafen fahren. Alle anderen stellen fest, dass der Himmel langsam aufklart, und wir sehen wieder einen schwachen Bogen Polarlicht – dankenswerterweise am Heck, wo es windgeschützt ist. Sogar in Mehamn ist er noch auszumachen, auch wenn er es gegen die Wolken schwer hat. Um 21 Uhr veranstaltet der Küchenchef die nächste Show: Präsentation und Geschmacksprobe von Rentier auf Deck 8; den Schimmer der Decksbeleuchtung sehen wir auch am Heck.

Die Nordkapp auf Schleichfahrt.

Die Nordkapp auf Schleichfahrt.

Vor Berlevåg kommen wir in einer gemütlichen Runde mit Reiseleitern und einigen Gästen auf das Thema Vinkekonkurannse zu sprechen. Für mich ist das ja eh der Tag der Tage: Vor Berlevåg begegnen wir der MS Nordkapp, da muss ich auf jeden Fall raus, meinem Lieblingsschiff winken. Spontan bildet sich ein Komitee, das Heinz überreden will, eine Vinkekonkurannse zu machen. Das klappt aber nicht – es ist Winter, die Nordkapp will nicht, und Heinz macht somit keine Durchsage. Im November hatte das die Finnmarken aber auch nicht vom Winken abgehalten, also machen wir es selbst und versammeln uns zu siebt oder acht am Bug. Da die Finnmarken Verspätung hat, ist die Nordkapp zuerst im Hafen, und wir müssen auf sie warten. Dann ist es so weit: Eine fast völlig abgedunkelte Nordkapp fährt an der gut getarnten Finnmarken vorbei, und wir versuchen am Bug Aufmerksamkeit zu erwecken. Auf der Nordkapp ist gar keiner zu sehen, daher haben wir wohl gewonnen und können Handtücher und Mülleimer wieder aufräumen… War einen Versuch wert.

[Nachtrag: Das Video ist jetzt auch online:]

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Viel Post für Berlevåg :-)

Viel Post für Berlevåg 🙂

In Berlevåg sehen wir dann noch beim Anlegen zu: Ein einsamer Hafenarbeiter vertäut das Schiff und lädt mit dem Gabelstapler zwei Päckchen aus, ein Reisender verschwindet mit seinem Koffer in der Dunkelheit (der Hafen ist ein gutes Stück außerhalb vom Ort), und immerhin wird sogar ein Auto entladen. Das lohnt sich doch mal.
Da das Wetter kein schönes Nordlicht mehr verspricht, endet der Tag nun weitestgehend. Ein Bierchen im Panoramasalon ist ein schöner Abschluss, für das zweite gehen Uwe und ich ins Cafe, wo wir sogar noch eines bekommen. Der leichte Wellengang des Abends ist einigen Gästen schon zu viel, aber auch ein Kreuzfahrtschiffchen wie die Finnmarken ist eben keine Aida oder Queen Mary, sondern bietet einem noch das Erlebnis Meer. Ich find’s schön.

Das Wellenbad der Finnmarken

Das Wellenbad der Finnmarken

Båtsfjord als letzter Hafen wurde zur Kenntnis genommen, dann ging es ab ins Bett.

Tag 6 – Vom Nordkap ostwärts

Auch  wenn es morgens kurz nach acht noch recht duster ist: Das Treffen mit der Midnatsol konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ob die Kollegen der GRP100 mich auch gesehen haben, weiß ich nicht sicher – aber es waren auf jeden Fall einige Leute an Deck.

Malerisch: Die Passage südlich der Insel Magerøya.

Malerisch: Die Passage südlich der Insel Magerøya.

Nachdem die Midnatsol auf ihrem Kurs südwärts an uns vorbeigezogen war, stand erst einmal Bilder sichten, duschen und spätes Frühstück auf dem Programm. Dabei herrschte richtig Stress: Frühstück bis 9:30, Mittagessen dann von 10-13 Uhr wegen der Tour zum Nordkapp. Aber es ist kein Problem, hier eine Mahlzeit ausfallen zu lassen. (Schreibe ich eigentlich zu viel über das Essen? Sollte ich Bilder davon posten? Oder ist das eher etwas für Facebook?)

Kurs auf Honningsvåg

Kurs auf Honningsvåg

Kurz nach 11 kam dann Honningsvåg in Sicht. Die Stadt ist der Ausgangspunkt für die Fahrt zum Nordkap. Gestern war die Tour wohl wegen zu schlechtem Wetter ausgefallen, aber bei unserem Besuch war das Wetter fast optimal. Das Schöne an den Wintertouren ist auch, dass das Kap dann nicht so überlaufen ist – bei drei Bussen kann man das Kap genießen. Mein Programm sah anders aus: Zum Nordkap wollte ich nicht schon wieder, auf Fischerdorf mit Weihnachtshaus hatte ich keine Lust, aber die berühmte Shelltankstelle am 71. Breitengrad, die musste diesmal sein. Vom Hafen aus sind es etwas über zwei Kilometer, ein schöner Spaziergang, um das Frühstück zu rechtfertigen. Da Sonntag war und die Temperaturen doch recht frisch, war kaum jemand unterwegs, aber ich bin wohl dem Hund des Schneepflugfahrers vom letzten Mal begegnet, der gerade Gassi geführt wurde.

Ein Troll?

Ein Troll?

Honningsvåg hat wie üblich viele kleine Holzhäuser, die nur etwas größer wirken als so mancher Geländewagen, der davor steht. Die verschneiten kleinen Häuser, die schroffen und vereisten Felsen und das düstere Licht haben ihren Reiz, aber leben wollte ich da nicht unbedingt. Die Shelltankstelle ist natürlich nur dann interessant, wenn man die Sache mit dem Breitengrad weiß, und auch dann eher ein netter Gag – für das nächste Mal dürfte der Hausberg von Honningsvåg auf dem Programm stehen, der einen schönen Ausblick bietet. Gelohnt hat es sich trotzdem: Ich glaube, ich habe schon wieder einen Troll gesehen, diesmal mit einer Kaffeetasse am Straßenrand. Als ich ihn erreicht hatte, war nur noch eine schneefreie Felswand zu sehen – die Trolle sind gerissen!

Sicherheitsübung.

Sicherheitsübung.

Weiterer Vorteil der Tour zur Tanke: Man ist rechtzeitig wieder auf dem Schiff, um doch noch was vom Buffet mitzukriegen. (Fisch-Cordon-Bleu. Sehr lecker. Wäre aber nicht unbedingt nötig gewesen.) Die Crew führte derweil eine Sicherheitsübung aus, mit Aussetzen eines Rettungsboots. Der Blick auf die Webcam des Nordkaps zeigte, dass nicht nur in Honningsvåg gutes Wetter war (bedeckt und kalt, aber windstill), sondern auch am Kap selbst gute Bedingungen herrschten.

Um viertel vor drei – die Ausflügler waren alle wieder an Bord und begeistert, kein Wunder – ging die Reise dann weiter ostwärts. Die Wetterprognose war nicht so berauschend und die Polarlichtaktivität der Gegend angemessen, sodass es nach einer ruhigen Nacht aussah. Für 20:00 war unser nächster Vortrag vorgesehen (von Felicitas über das Planetensystem), und da das Abendessen als Nordkappbuffet serviert wurde, passte das auch vom Zeitplan. Eine Stunde langt für jeden, um sich zu überfressen, und der Nachtisch hat es immer wieder in sich.

Krabbenfischer entern das Boot

Krabbenfischer entern das Boot

A propos Essen: Gegen 16:30, also zwischen Nordkap-Tour und Abendvortrag, stand schon wieder ein Highlight auf dem Programm. Kurz vor Kjøllefjord legten Krabbenfischer in voller Fahrt an der Nordkapp an und präsentierten ihren Fang. Einziges Problem: Entweder steht man an der Reling und beobachtet das Anlegemanöver, oder man sichert sich einen guten Platz auf Deck 7 für die Vorführung. Zeit für ein Foto mit den Krabben bleibt aber allemal.

Ich konnte das Anlegemaneuver von Deck 5 aus verfolgen, da hier ein guter Blick auf die Felsformation der Finnkirka möglich war. Mit f/1,4 und viel zu viel ISO war sie sogar schön zu fotografieren, auch wenn das Farbenspiel schon etwas arg nach Disneyland aussieht. Aber es ist durchaus eindrucksvoll. Allerdings muss ich fairerweise sagen, dass mir die Finnkirka nur im Mondlicht besser gefällt. Ist viel mystischer als das ständig wechselnde Farbenspiel. Andererseits sieht man sie dann nur auf den Fotos und nicht mit dem Auge.

Felicitas’ Vortrag konnte ich mir nicht anhören: Ich hielt stattdessen Polarlichtwache am Bug, da schon vor dem Abendbuffet ein paar Lichter zu sehen waren.

Durch die Wolken war immer wieder ein Hauch von Grün zu erahnen, und die Kamerabilder waren schon ganz nett, aber Wetter und Intensität waren nicht sehr beeindruckend. Dafür wollte ich den Vortrag nicht unterbrechen – im Gegensatz zum Käptn, der Polarlichtwarnung ausgab. Also verschwand ich kurz in den Vortragsraum, um Entwarnung zu geben. Bis Berlevåg um 21:45 war immer wieder ein grauer Schleier zu sehen, und das Wetter besserte sich (im Gegensatz zur Polarlichtvorhersage). Bug voraus war immer wieder etwas zu sehen, aber nicht wirklich toll.

Klar, das dann die besorgten Fragen aufkamen, wie es den Rest der Nacht weitergehen würde – Polarlicht oder Ruhe & Erholung? Meine Schätzung war Ruhe & Erholung, dann kam kurz nach Berlevåg die Durchsage vom Käptn, dass es wieder Lichter gibt – und diesmal lohnte es sich! Der Nachteil dabei, die Kamera immer auf den selben Punkt zu richten, ist natürlich dass einem mal ein paar Highlights entgehen. Aber dafür gibt das später einen hübschen Film.

Quer über das Schiff erstreckte sich ein großer Bogen, und nun glaubten mir endlich alle, dass die Auro wirklich grün ist und sogar tanzt. Wow. So gehört sich das. Bis Båtsfjord um kurz vor Mitternacht ging die Show, und hoffentlich hat jeder die Durchsage gehört. Das Licht auf Deck 7 wurde (leider bis auf den Schornstein) abgeschaltet, und jeder kam auf seine Kosten (und auch wenn ich ein paar Leute an der Bar zusammentrommeln musste). Awesome, great show! Für ca. Stufe 5 schon sehr schön. Ich leide mit allen, die die Reise nicht machen konnten.

Nach Mitternacht und Båtsfjord leerte sich das Deck dann langsam, und der Kontrollblick um halb eins zeigte: Immer noch Lichtshow. Nicht mehr so stark und beeindruckend, aber doch gut genug für einige Fotos. Zwischen 0:40 und kurz vor zwei Uhr entstand dieser Nachschlag:

Aber das Ziel der Reise ist erreicht: Es kam die Bitte, doch die Lichter abzuschalten, damit man endlich schlafen darf… Mal sehen, wer sich jetzt noch alles den Nordlichtvirus eingefangen hat.

Bei mir droht dafür jetzt langsam der Supergau: Die externe Festplatte ist voll und der Laptop sowieso. Bleiben noch die 192 Gig Speicher in der Karte…